Sehr geehrter Herr ...,
hiermit möchte ich auf unser
Ferngespräch vor einigen Tagen zurückkommen. Ich habe über dieses Gespräch lange
nachgedacht und auch beim Besuch mit meinen Verwandten am Wochenende darüber
gesprochen. Dabei kamen wir zu der Einsicht, daß es für Polizeibeamte wie auch
für staatsbedienstete Juristen kaum möglich ist, sich durch den beruflichen
Alltag von gewissen Vorstellungen zu lösen. Jede Kritik an staatlichen Stellen
und Benennung von deren Verfehlungen wird entweder verdrängt oder als Angriff
auf sich selbst gewertet. Somit wird konstruktive Kritik kontraproduktiv für den
Kritiker, der dann als Extremer oder Systemfeind der Ausgrenzung anheim fällt.
Dieser Umstand ist jedoch im Kaiserreich wie auch in der DDR oder im Dritten
Reich nicht unüblich gewesen. Vielleicht sind Menschen einfach so, und
vielleicht werden Beamte durch Schulung und Berufsleben systemübergreifend im
Laufe der Jahre oftmals so im Verhalten geprägt. Trotzdem gab und gibt es noch
immer Menschen, die sich mit gewissen Dingen nicht abfinden können, die es
wagen, Dinge beim Namen zu nennen, andere Wege aufzeigen und sich notfalls dafür
ausgrenzen und anfeinden lassen. Auch Rudolf Diesel als Motorenerfinder ging es
seinerzeit so, wie auch Heinrich Hoffmann von Fallersleben bei vielen seiner
Zeitgenossen und staatlichen Beamten Fehleinschätzung und Unrecht für seine
Worte erfahren durfte - und dennoch hatte Diesel Recht und bald die Hälfte aller
Motoren in der Welt fahren mit Motoren , die seinen Namen tragen - und Hoffmann
von Fallersleben ist seit den 20er Jahren mit seinem Freiheitslied der Schöpfer
unserer Nationalhymne geworden. Vom Außenseiter zum Spitzenreiter ist somit
keine Frage von Ausgrenzung, sondern von der Richtigkeit der Ansicht, der
Ausdauer und einem Zeitgeist, der dem Wandel unterworfen ist.
Wieso
schreibe ich dieses und bringe mich dabei in Gefahr, Sie als Polizeibeamten zu
reizen oder mich gar in die Schublade „Querulant” einordnen zu lassen? Die
meisten Menschen machen doch um Polizisten einen großen Bogen oder tun besonders
freundlich - man könnte ja Ärger bekommen. Vielleicht liegt es daran, daß mir an
meinen Mitmenschen etwas liegt und es mir nicht gleichgültig ist, ob Menschen
auf bestimmten Positionen auch falsche Befehle bekommen oder durch eine
politische Führung bewußt falsch benutzt werden. Den Beamten, denen das
gleichgültig ist, mit denen muß ich nicht sprechen - sie würden für ein Gehalt
dann auch ganz andere Befehle befolgen und wie Söldner handeln. Da ich Sie aber
für einen intelligenten und verantwortlichen Menschen halte, möchte ich Sie zum
Denken anregen.
Es werden ihre Vorgesetzten entscheiden, ob und wie Sie
gegen mich und meine Familie aus politischen Gründen vorgehen sollen. Meine
Meinungsäußerungen werden Sie zu prüfen haben und eine politisch geführte Justiz
wird Ihnen Ihren Handlungsraum vorgeben. Durch eine politisch eingefärbte
Medienlandschaft werden automatisch in den Behörden bei bestimmter
„Berichterstattung” gewünschte Vorgehensweisen hervorgerufen - und das alles
wird dann wieder über Ihren Schreibtisch gehen. Und daher liegt mir nicht nur
menschlich etwas an gewissen Mitmenschen, sondern auch durch die persönlichen
Folgen, die diese Menschen auf das Leben meiner Familie und mir haben
werden.
Sie sprachen davon, daß Sie über 20 Jahre bereits Polizeibeamter
sind und auch deswegen unterscheiden können - und nach Recht und Gesetz handeln.
Ich erwarte nichts anderes und es wäre schlimm, wenn es anders wäre. Trotzdem
möchte ich Ihnen den Unterschied zwischen Recht und Gesetz auf der einen und
Gerechtigkeit auf der anderen Seite benennen. Die Regimegegnerin Brigitte Boley
war es glaube ich, die nach 1989 für die DDR-Kritiker sagte: „Wir erhofften
Gerechtigkeit und bekamen den BRD-Rechtsstaat!” Verstehen Sie was ich meine?
Geltendes Recht muß nicht Gerechtigkeit sein. In Rothenburg o.d. Tauber steht
ein Kriminalmuseum - dort kann man Foltergeräte besichtigen, die damals nach
geltendem Recht eingesetzt wurden, auch wenn es nicht gerecht war. Oder glauben
Sie etwa, die damaligen Polizeibeamten hätten bei der Hexenverbrennung keine
Gesetzesgrundlagen gehabt?
Ich erlaube mir, Ihnen einige Berichte
beizufügen, die nur einzelne Beispiele sein sollen und als Anregung dienen
könnten. Besonders aber lege ich Ihnen den Film LOOSE CHANGE ans Herz. Dieser in
den USA zum Filmbestseller gewordene Dokumentationsbericht kann einen geistig
wachen Menschen nicht unberührt lassen und auch das Interview mit Dr. von Bülow
als Geheimdienstfachmann lassen die Wirklichkeit erkennen– besonders wenn man
weiß, daß mit Begründung 11. September - Kampf gegen Islamisten - Kampf gegen
den Terror - Kampf gegen Verfassungsfeinde hier inzwischen schwerste
Grundrechtsverstöße gedeckt werden, die Bundeswehr im Ausland steht,
Wirtschaftsbedingungen geändert werden und der Überwachungsstaat wie unter Georg
Orwell Ausmaße annimmt, die zum Himmel schreien.
Zeitgleich werden ganze
Gesellschaftsgruppen kriminalisiert und medial eine Pogromstimmung geschaffen,
deren Folgen noch gar nicht absehbar sind. Meinungen von ins Abseits Gestellten
werden in „Verbrechen” umbenannt, und diese „Verbrecher” können dann
schonungslos niedergemacht werden. Das aktuelle Beispiel liegt bei. So äußert
sich der Vorsitzende der Innenministerkonferenz (letztlich ein behördlicher
Zusammenschluß der Polizeivorgesetzten, nämlich der Innenminister einzelner
Bundesländer), nicht nur dazu, die „...rechtsextremistische Szene finanziell
auszutrocknen...”, sondern auch mit Worten wie: „Wir sind gemeinsam im Kampf
gegen diese braune Pest”. Unabhängig von der maßlosen Übertretung der
Amtspflichten und der Beleidigung von Abertausenden von Staatsbürgern, werden
hier zwei Dinge grundgesetzwidrig und verfassungsfeindlich offenbar:
1.
Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz des Grundgesetzes und
2. eine Sprache,
die der Schlagzeilen des NS-Propagandablattes DER STÜRMER nachempfunden ist.
Damals wurden religiöse bzw. politische Andersdenkende ebenfalls als Pest,
Ratten oder Verbrecher beschimpft und kriminalisiert. Wo das dann endete, wurde
uns in der Schule ja gelehrt. Was wäre nun die logische Schlußfolgerung von
Staatsschützern? Oder besser gefragt, was wäre, wenn ich z.B. gewisse politische
oder religiöse Gruppen ebenso bezeichnen würde? Dann würde doch mit Sicherheit
in gewissen Polizeibehörden eifrig gegen mich ermittelt. Aber bei den
Vorgesetzten dieser Behörden gelten dann andere Grundlagen der
„Meinungsfreiheit”.
Wir sind nicht auf dem Weg in die Diktatur und
Unfreiheit, es besteht nicht Gefahr, die Demokratie könnte eingeschränkt werden,
der Überwachungsstaat wird nicht geplant - es ist nicht fünf vor zwölf... - es
ist längst halb drei! Die Demokratie ist laut Peter Gauweilers Worten faktisch
abgeschafft, der Überwachungsstaat laut Äußerungen von Staatsrechtlern mit
Streichung der Unschuldsvermutung für die Staatsbürger längst Wirklichkeit und
eine „Diktatur” durch eine perfekte Inszenierung an den Machtstellen für jeden
spürbar, der seine grundgesetzlichen Rechte hier nutzen möchte (Prof. Klaus
Hornung bzw. Arnulf Baring sprachen von einer „Meinungsdiktatur”) . Als Opfer
einer Justizposse, verurteilt durch die Ungleichbehandlung vor dem Gesetz in
Verjährungsfragen, Kriminalisierter wegen eines 50 Jahre alten Gedichtes, Mann
einer in Sippenhaft mitverurteilten Frau, staatlich Enteigneter wegen eines
Liedes und Geschädigter an Leib, Eigentum und persönlicher Freiheit ist die
Heuchelei und Gleichgültigkeit unerträglich, mit der hier von Freiheit
gesprochen wird, die dann durch die selbsternannten Inquisitoren eingeschränkt
wird. Das Opfer wird zum Täter, der Täter zum Opfer - und Hohn und Spott sind
inmitten von Drohungen und Gewalt die Begleitmusik.
Bevor ich mich nun
der Gefahr aussetze, diese Worte von mir werden von Ihnen als persönlicher
Angriff auf Sie gewertet, was nicht meine Absicht ist, und dieses Schreiben
landet in meiner Polizeiakte mit dem Vermerk „rechtsradikales Geplapper” und
„Beispiel für unverbesserlichen Extremismus und Feindschaft gegenüber dem
Staatssystem” bitte ich Sie nur um zwei Dinge:
1. Bleiben Sie kritisch.
Glauben Sie nicht kritiklos, was von oben politisch befohlen wird. Auch Ihre
unmittelbaren Vorgesetzen werden gnadenlos belogen. Die psychologische
Kriegsführung ist perfekt und fast niemand durchschaut das Spiel, das mit uns
allen, besonders aber mit den Menschen in Behörden und an Schaltstellen
getrieben wird. Es ist wie beim Märchen „Des Kaisers neue Kleider” - fast alle
wollen es nicht sehen oder haben Angst, sich einzugestehen, daß hier etwas nicht
stimmt.
2. Wagen Sie es, Fragen zu stellen. Die Sprachlosigkeit auf klare
Fragen, z.B. des Verfassungsrichters Di Fabrio bei der Verbotsantragsverhandlung
in Karlsruhe an den Ankläger Günther Beckstein offenbarte mir, wie hier
politisch die Polizei mißbraucht wurde, um politische Gegner zu eliminieren.
Männer wie Di Fabrio, der durch seine Zeitungsberichte z.B. in der Frankfurter
Allgemeinen Zivilcourage und Mut vor Königsthronen bewiesen hat, werden in
diesem Staate dringend benötigt. Vielleicht hat dieses Land noch eine letzte
Überlebenschance, wenn auch in Polizeibehörden immer mehr Menschen klare Fragen
stellen und den Unterschied zwischen Paragraphenrecht und Gerechtigkeit
hinterfragen. Vielleicht sind gerade Sie und Ihre Kollegen hier vor Ort die
Menschen, nach denen unser geschundenes Volk so
verlangt.
Hochachtungsvoll
Frank Rennicke
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